Der Glöckner von Notre Dame
Inhalt
„Der Glöckner von Notre Dame“ – ein weltbekanntes Meisterwerk von Victor Hugo, von Disney in einen Zeichentrickfilm verwandelt, 1999 als Musical in Berlin uraufgeführt. Seit April 2017 tourt eine überarbeitete Neufassung des Stücks durch Deutschland.
Das Stück beginnt mit der Geschichte des Erzdiakons Claude Frollo und seinem Bruder Jehan. In Notre Dame aufgezogen wird Frollo über die Jahre hinweg Erzdiakon, Herr von Notre Dame. Sein Bruder Jehan wird verstoßen, kehrt kurz vor seinem Tod in die Stadt zurück und übergibt Frollo seinen Sohn: Quasimodo. Entstellt lebt Quasimodo im Glockenturm; Frollo ist sein Meister. Als der Tag der Zigeuner, der „Drunter-Drüber-Tag“, kommt, verlässt Quasimodo verbotenerweise seinen Turm, um sich unter die Feiernden zu mischen. Dort tanzt die Zigeunerin Esmeralda und fällt nicht nur dem Glöckner Quasimodo, sondern auch dem frommen Frollo und dem Hauptmann Phoebus de Martin auf. Alle fühlen sich zu der Schönheit hingezogen. Als Quasimodo von der feiernden Menge an den Pranger gestellt wird, hat Esmeralda Mitleid mit ihm und versucht ihn zu beschützen. Im Laufe des Stücks vertiefen sich die Gefühle zwischen Phoebus und Esmeralda, doch Quasimodo und Frollo drohen ihnen in die Quere zu kommen. Als sich der Zorn Frollos gegen Esmeralda richtet, rettet Quasimodo sie und stellt sich gegen seinen Meister.
Kritik
Als Quasimodo, der Glöckner von Notre Dame, stand Milan van Waardenburg auf der Bühne. Mit seiner weichen, aber dennoch starken und kräftigen Stimme singt sich Milan als Quasimodo bereits mit den ersten Tönen in die Herzen des Publikums. Man fühlt sofort mit Quasimodo jede Emotion, jede Freude, jede Verzweiflung, jedes Leid, jeden Zorn, jedes Quäntchen Angst. Gekonnt unterstreicht er seinen Gesang mit seinem gesamten Spiel. Auch die Entstellungen Quasimodos werden hier durch Milans Körperhaltung mehr als deutlich. Im Laufe des zweiten Aktes findet Quasimodo immer mehr zu sich selbst und trifft seine eigenen Entscheidungen. Milan stellt dies mit einer immer aufrechter werdenden Körperhaltung dar. Zwar ist Milan van Waardenburg an einigen Stellen etwas schwer zu verstehen, das liegt aber an dem verzogenen Gesicht Quasimodos und tut der Darstellung somit keinen Abbruch, sondern ist dieser eher förderlich. Einen großen Respekt an diese darstellerische und gesangliche Leistung, die trotz der unnatürlichen gebückten Haltung hier von Milan van Waardenburg abgeliefert wurde.
Die Zigeunerin Esmeralda verkörperte Sina Pirouzi. Die mitfühlende und freche junge Frau bringt Sina dem Publikum näher und zeigt, wie wir alle mehr sein sollten: ohne Vorurteile und tolerant gegenüber anderen. Den facettenreichen Charakter der Esmeralda lässt Sina Pirouzi zum Leben erblühen. Hier kann sie ihr darstellerisches Talent zeigen, auffallen tut Pirouzi allerdings durch ihre klare Aussprache sowohl im Dialog als auch im Gesang. Jedes Wort von ihr ist einwandfrei zu verstehen. Dazu harmoniert ihre Stimme sehr schön mit der von Maximilian Mann. Sina Pirouzi ist als Esmeralda eine fabelhafte Besetzung.
Maximilian Mann war als Hauptmann Phoebus de Martin zu sehen. Er ist wahrhaft
ein fantastischer Schauspieler. Er schafft es, mit dem Rücken zum Publikum zu stehen und dennoch eine innerliche Zerrissenheit glaubhaft darzustellen. Er kann in einer Minute der Charmeur sein und in der nächsten der pflichtbewusste und zornige Hauptmann. Maximilian Mann spielt grandios. Der Wandel, den Phoebus durchläuft, vom Gegner Quasimodos zu so etwas wie einem Freund, ist durch Manns gesamtes Spiel nachvollziehbar. Maximilian Mann schafft es diesen Wandel so in seinen Gesang einfließen zu lassen, dass seine Figur wirklich lebt. Maximilian Mann weiß seine Stimme einzusetzen und obwohl diese sehr weich ist, schafft er es doch, an den richtigen Stellen bedrohlich zu wirken. Eine rundum sehr gute Darstellung des Phoebus.
Oliver Mülich stellte den Erzdiakon Claude Frollo dar. Auch hier bekommt das Publikum eine starke Stimme zu hören, die die Grausamkeit Frollos, aber die gleichzeitige Überzeugung von Richtigkeit sehr gut wiedergibt. Auch darstellerisch arbeitet Oliver Mülich die kalte und kühle Seite Frollos stark heraus, was gut zu dieser Figur passt. Gleichzeitig schafft Oliver Mülich es, dass Frollo nicht nur der Böse ist. Seine Handlungsgründe sind verständlich und sogar nachvollziehbar. Durch Olivers Darstellung wird klar, dass Frollo von der Notwendigkeit seiner Handlungen überzeugt ist. Der einzige Kritikpunkt, der allerdings sehr klein ist und für den Oliver Mülich selbst nichts kann, ist seine Größe. Er ist nur geringfügig größer als Quasimodo, wodurch seine Stellung weniger deutlich ist. Durch seine Ausstrahlung und sein Spiel kann Oliver Mülich dies aber gut ausgleichen.
Der Anführer der Zigeuner, Clopin Trouillefou, ist Jens Janke. Jens Janke ist wohl eine nahezu perfekte Besetzung für den Gaukler. Die ganze Ausstrahlung, die Janke auf der Bühne hat, sein Gesang und sein Spiel harmonieren wunderbar zusammen und ergeben Clopin Trouillefou. Für diese Rolle kann man sich niemand anderen wünschen, denn Jens Janke ist die Rolle wie auf den Leib geschrieben.
Die Lobeshymne lässt sich im Ensemble weiterführen. Besonders Soloparts wie Jehan Frollo, (Nico Schweers), Florika (Kristina Love) und St. Aphrodisius (Kevin Köhler) stechen positiv heraus, doch auch die restliche Cast ist gut besetzt. Dies fällt besonders bei den Ensemblenummern auf, da hier sehr deutlich gesungen wird und nahezu alles verständlich ist, was leider nicht die Regel ist. Das Schauspieltalent des gesamten Ensembles wird aber auch im Laufe des Stücks immer wieder deutlich, unter anderem bei der Verkörperung der Steinfiguren.
Eine einzigartige Wirkung konnte durch den 25-köpfigen Chor erzeugt werden. Ob der Chor parallel zum Ensemble einzelne Passagen gesungen hat, alleine oder unterstützend: Er ist eine Bereicherung für „Der Glöckner von Notre Dame“, da er eine Atmosphäre erzeugt, die ohne ihn nicht möglich wäre.
Das ganze Stück ist von erzählenden Monologen durchzogen, in denen die Charaktere von sich selbst in der dritten Person sprechen. Dieser Kniff ist sehr interessant, da so eine andere Erzählweise als üblich im Musical benutzt wird. Es wird nicht alles dargestellt bzw. werden Handlungen simultan erklärt und kommentiert. Dies wirkte sehr erfrischend und hat dem ganzen Stück gutgetan.
Edit: Außerdem gilt es, das relativ große Orchester zu loben. Hier konnte wirklich ein voller Klang erschaffen werden, der sich im gesamten Saal ausbreiten konnte und so sehr positiv aufgefallen ist.
Fazit
„Der Glöckner von Notre Dame“ ist ein Stück, dass rund ist. Es ist durchdacht und spielt mit einer fantastischen Cast, die lediglich minimale Kritikpunkte aufzuweisen hat. Außerdem ist die Thematik aktueller denn je. Toleranz ist gerade in unserer heutigen Zeit wichtig und „Der Glöckner von Notre Dame“ zeigt dies mit emotionaler Tiefe und musikalischen Ohrwürmern. Wer dieses Stück noch nicht gesehen hat, hat bis zum 07. Januar noch in München die Gelegenheit dazu, danach zieht das Musical weiter nach Stuttgart. Und diese Gelegenheit sollte wahrgenommen werden, denn „Der Klang von Notre Dame“ zieht fast jeden in seinen Bann.
In zwei Worten
(Heute ausnahmsweise einmal drei Worte 😉)
„Liebe gegen Hass“ ❤
Eure Träumerin Pia
Kreativteam
Regie – Scott Schwartz
Musikalische Leitung – Bernhard Volk
Choreographie – Chase Brock
Bühnenbild – Alexander Dodge
Kostümbild – Alejo Vietti
Vorstellung
Besucht am: 29. Dezember 2017
Theater: Deutsches Theater München
Besetzung
CLOPIN TROUILLEFOU – Jens Janke
ERDIAKON CLAUDE FROLLO – Oliver Mülich
JEHAN FROLLO – Nico Schweers
FLORIKA – Kristina Love
PATER DUPIN – Jonas Hein
QUASIMODO – Milan van Waardenburg
HAUPTMANN PHOEUBS DE MARTIN – Maximilian Mann
LEUTNANT FREDERIC CHARLUS – Johannes Kiesler
ESMERALDA – Sina Pirouzi
KÖNIG LOUIS XI. – Alexander Zamponi
MADAME – Barbara Raunegger
ST. APHRODISIUS – Kevin Köhler
DIE GEMEINDE – Dorit Oitzinger
Chiara Cook
Daniel Therrien
Daniel Rakasz
Mike Sandomeno
DER CHOR – Munich Show Chorus